Rote Gebiete: Gesprächstermin war eine Täuschung
Landvolk-Vorsitzender Christoph Klomburg machte die Forderungen deutlich.
Sulingen (tb). Rund 150 Schlepper sind dem Aufruf des Landvolks Mittelweser gefolgt, zum Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) nach Sulingen zu kommen und dem Drängen auf ein Gespräch über die Messstellen Nachdruck zu verleihen. Rund um die Außenstelle der Landesbehörde reihten sich die Traktoren in den Verkehr ein und sorgten mit Hupen und Rundumleuchten für ein beeindruckendes Schauspiel.
„Wir reisen nicht ab, bevor wir nicht einen Gesprächstermin bekommen“, stellte Landvolk-Vorsitzender Christoph Klomburg klar. „Seit einem halben Jahr werden wir hingehalten.“ Das Landvolk Mittelweser sieht dringenden Bedarf, die Ergebnisse eines Fachgutachtens zur Funktionsfähigkeit und Aussagekraft des Nitratmessstellennetzes im Verbandsgebiet mit dem zuständigen NLWKN zu erörtern. Der Kreisverband hatte das geohydrologische Gutachterbüro HYDOR Consult GmbH beauftragt, eine fachliche Bewertung all der Grundwassermessstellen im Verbandsgebiet vorzunehmen, die eine Überschreitung des 75-Prozent-Schwellenwertes von Nitrat (37,5 mg/l) mit steigendem Trend bzw. eine Schwellenwertüberschreitung von Nitrat (50 mg/l) aufweisen.
Bernd Lehmann, Leiter der NLWKN-Außenstelle in Sulingen, trat schließlich vor die Tür und nahm das Forderungspapier von Klomburg entgegen. „Wir werden uns das genau anschauen und über die NLWKN-Direktion ans Umweltministerium weiterleiten“, sagte Lehmann. Bereits am Donnerstag, 3. Dezember, versprach Lehmann, wolle er auf einer Gebietskooperationssitzung im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie das Gespräch mit Landvolk-Geschäftsführer Olaf Miermeister suchen.
Das Forderungspapier des Landvolk-Kreisverbandes umfasst neben einem Gesprächstermin und der fachlichen Erläuterung der roten Gebiete eine klare Distanzierung von den „stümperhaft definierten Gebietskulissen“, hin zu einer fachlich angemessenen Darstellung der aktuellen Situation. Außerdem solle die neue Düngeverordnung von 2017 erst einmal ihre Wirkung zeigen. So sei der Stickstoffüberschuss von den Landwirten innerhalb von drei Jahren in Niedersachsen komplett abgebaut worden. Das Landvolk fordert zudem, auch nicht landwirtschaftliche Ursachen für Nitrateinträge in Betracht zu ziehen und rasche Möglichkeiten für Betriebe zu schaffen, aus den roten Gebieten herausgenommen zu werden, wenn sie nachweislich nicht als Verursacher in Frage kommen. „Hier darf keine Sippenhaft gelten“, sagte Klomburg.
Lehmann gab zu bedenken, dass aufgrund eines laufenden Normenkontrollverfahrens zur Rechtmäßigkeit der Düngeverordnung am Oberverwaltungsgericht Lüneburg, einige Punkte aus Datenschutzgründen nicht besprochen werden können, da das Landvolk nicht verfahrensbeteiligt sei. Dennoch betonte er wiederholt die Gesprächsbereitschaft seines Hauses: „Wir sind zu allen Gesprächen bereit!“
Laut Lehmann habe das Umweltministerium aufgrund zahlreicher Einwendungen die Überprüfung von 217 roten Messstellen in Niedersachsen neu ausgeschrieben. Die NLWKN-Betriebsstelle in Aurich hat die Neubewertung vorgenommen und wird ihren Bericht noch vor Weihnachten an das Ministerium übergeben. „Das ist dann Ihr Ansprechpartner“, so Lehmann, der fest davon überzeugt ist, dass die Messstellen, die der NLWKN betreibt, einwandfrei sind. Er stellt klar: „Wir sind anderer Meinung als der Gutachter. Diese Frage wird höchstrichterlich geklärt werden müssen.“
Das vermeintliche Gesprächsangebot stellte sich im Nachhinein als eine Finte heraus. Die angebliche Sitzung, in deren Anschluss das Gespräch stattfinden sollte, fand gar nicht statt. Wegen der Corona-Pandemie wurde die Sitzung digital abgehalten, doch weder wurden die Landvolk-Vorsitzenden dazu eingeladen, noch hat Bernd Lehmann selbst an dieser Videokonferenz teil genommen.
Tobias Göckeritz hat Umweltminister Olaf Lies daraufhin persönlich gefragt, ob er diesen Stil seiner Mitarbeiter gut heißt. Lies betonte, er wolle den ständigen Dialog auf Augenhöhe. Dies gelte auch für die nachgeordneten Behörden seines Ministeriums. Das sei der „niedersächsische Weg“.