„Blühende Wiesen sind nicht grundwasserschützend“
Syke-Okel - „Jeder meint, er hätte irgendwo Ahnung – und posaunt sein Halb- oder Unwissen in die Öffentlichkeit“, findet Martin Büntemeyer klare Worte für Mitbürgerinnen und -mitbürger, die ein festes Bild von der Landwirtschaft hätten, das jedoch mit der Realität oft nichts mehr zu tun habe und nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basiere. Das unterstreiche auch die Ausweisung der „Roten Gebiete“, in denen Landwirte künftig 20 Prozent unter dem eigentlichen Bedarf der Pflanze düngen sollen.
Diese Gebiete hat das niedersächsische Landwirtschaftsministerium aufgrund zu hoher Messwerte an einigen Güte-Messstellen des Niedersächsischen Landesamts für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) ausgewiesen. So sollen die Nitrateinträge möglichst reduziert werden. „Der Verbraucher will blühende Äcker, aber gerade die sind eben nicht grundwasserschützend“, sagt der Landwirt. Denn Leguminosen wie Erbsen, Bohnen oder auch die Wicken, die er vermehrt, binden als Zwischenfrüchte den Stickstoff aus der Luft, lassen diese aber in ihren Wurzeln anschließend im Boden zurück. „Das ist – vom Grundwasserschutz her gesehen - viel schlimmer als jede Mais-Monokultur“, erklärt Martin Büntemeyer.
Die Regelung zu den „Roten Gebieten“ stellt ihn vor einige Probleme und vor allem vor einen großen Planungsaufwand, den er zusammen mit Beratern meistern will. Denn er bewirtschaftet Flächen in Wasserschutzgebieten, für die ohnehin schon bestimmte Düngereduzierungen gelten. Dann hat er Äcker in sogenannten nicht festgesetzten Wasserschutzgebieten, in denen freiwillige Maßnahmen greifen. Überdies hat Büntemeyer Flächen, die nicht rot sind und es künftig auch nicht werden. Und andere im Okeler Bruch, die rot werden und andere wiederum nicht. Wie soll man mit diesem Wirrwarr umgehen?
„Eigentlich müsste ich die strengsten Richtlinien, die anzuwenden sind, über den ganzen Betrieb stülpen“, sagt Martin Büntemeyer. Wie genau er sich verhalten will, weiß er noch nicht. Der Okeler Landwirt arbeitet unter anderem für die Raiffeisen-Erzeugergemeinschaft für Qualitätsgetreide und Qualitätsraps Grafschaft Hoya eG in Schweringen und baut Brotgetreide an. „Wenn wir auf unseren mittelprächtigen Böden hier diese Qualität erreichen wollen, müssen wir das über die Stickstoffdüngung steuern“, erläutert Büntemeyer. „Dann brauchen wir die Spätdüngung im Sommer. Aber in roten Gebieten kann man das vergessen, da werden wir kein Brotgetreide mehr erzeugen.“ Das tauge dann bestenfalls noch zur Fütterung von Tieren. Das Brotgetreide hingegen müsste dann zunehmend aus Regionen der Welt importiert werden, die genauso düngen würden wie es nötig sei, um die Wünsche der Abnehmer zufrieden zu stellen. Den in Deutschland geltenden Standards entspräche das jedoch ganz und gar nicht. „Alle hier wollen regional erzeugte Lebensmittel, aber das wird einem in Deutschland mehr und mehr verbaut“, findet der Okeler.
Man nehme den Landwirten hier die Existenzgrundlage, ist seine Ansicht. Denn die Ausweisung der „Roten Gebiete“ führe nicht nur bei der Düngung zu Problemen. Durch die unterschiedliche Düngung tauche die Frage auf, was man wo anbauen könne, man müsse die jeweilige Abreife des Getreides berücksichtigen und könne nicht mehr gleichzeitig ernten. „Das alles ist mit hohem Aufwand verbunden“, sagt Martin Büntemeyer. Auch ein professioneller Gemüseanbau sei seiner Ansicht nach nicht mehr möglich: „Das funktioniert nicht mehr, weil man so düngen muss, dass man Pflanzen wie einen Kopfsalat in vollem Wuchs ernten kann.“ Dadurch verbliebe am Ende auch wieder eine hohe Stickstoffmenge im Boden. Dass Deutschland für seine Maßnahmen und Regulierungen belächelt werde, habe er jetzt wieder in vielen Gesprächen mit Menschen aus der ganzen Welt auf der Landtechnik-Messe Agritechnica in Hannover festgestellt: „Die lachen sich alle kaputt.“