Meine Meinung - März 2022

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Tobias Göckeritz
Tobias Göckeritz

Liebe Mitglieder,
seit dem 24. Februar herrscht Angriffskrieg in Europa. Dieser Krieg von Putin-Russland gegen die Ukraine, eines der größten Länder Europas mit 43 Millionen Einwohnern, führt zu einer „Zeitenwende“. Jahrzehnte lang gepflegte Doktrin und die Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung sind in Teilen weg gefegt. Die Merkelsche Energie- und Rüstungspolitik der vergangen Jahre steht vor einem Scherbenhaufen. Ich meine, das gleiche gilt auch für die deutsche und europäische Landwirtschaftspolitik.
Die Schwarzerde-Region Ukraine und auch Russland haben eine fundamentale Bedeutung für den Weltexporthandel mit Weizen. Weizen wird insbesondere in Nordafrika, z. B. in Ägypten, Algerien aber auch in der Türkei und im Nahen und Mittleren Osten fehlen, die bisher aus der Schwarzmeer-Region beliefert wurden. In der Ukraine kann die restliche Maisernte 2021 (15 Millionen Tonnen) nicht mehr exportiert werden, die Frühjahrsbestellung von Sonnenblumen, Soja (auch gentechnikfrei) und Sommergetreide kann nicht erfolgen, die Flächen werden ungenutzt bleiben. Die meisten Mitarbeiter (90 Prozent) sind nicht mehr auf den Betrieben.  Wer Trecker fahren konnte, der kämpft jetzt. Diesel wird für die Armee gebraucht oder wurde in den von Russen besetzten Gebieten verbrannt. Dünger und Pflanzenschutzmittelvorräte sind so gut wie keine vorhanden. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Ukraine, sondern auch für Russland. Ersatzteile für Landmaschinen können nicht geliefert werden. Der Export nach Russland fällt unter das Embargo. Ein defekter Mähdrescher erntet nirgends auf der Welt. Die Silos und Verladeeinrichtungen in den Häfen am Asowschen Meer (Mariupol) sind zerstört.
Im kommenden Wirtschaftsjahr werden nach Analyse renommierter Agrarökonomen knapp 60 Millionen Tonnen Weizen, 10,5 Millionen Tonnen Gerste und 38 Millionen Tonnen Mais (Summe = 108,5 Millionen Tonnen) zum Teil oder gänzlich am Weltmarkt fehlen.
Wer angesichts dieser Weltlage weiterhin wie Herr Özdemir oder Frau Dr. Nick an alten Extensivierungsdogmen festhält und damit billigend in Kauf nimmt, den Ärmsten der Welt das Brot weg zu kaufen, der versündigt sich. Jetzt muss gehandelt werden! Unsere wichtigste Aufgabe – vor allen anderen – als Landwirte ist es, die Menschen mit guten und erschwinglichen Lebensmitteln zu versorgen.

 

Prognose:
WELT-Weizenmarkt 2021/2022

Exportländer
Weltexport insgesamt   205 Mio. t
Russland Export (1.)       36 Mio. t
Ukraine Export (2.)          24 Mio. t
Summe:                          60 Mio. t
                                           29,3 %

Importländer
Ägypten (1.)                     13 Mio. t
Türkei (2.)                        11 Mio. t
Algerien (5.)                       8 Mio. t
Summe:                          32 Mio. t

Indonesien (3.)                10 Mio. t
China (4.)                        10 Mio. t
Bangladesch (6.)              7 Mio. t
Philippinen (8.)                  6 Mio. t
Summe:                          33 Mio. t


Bedarf dieser
sieben Importländer:       65 Mio. t
                                            31,7 %

Quelle: AMI 2021, USDA Nov. 2021